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31.10.2008

Artikel ?ber einen deutschen Jugendlichen - mit 14 Jahren Europameister

\"\"Ein Auszug aus dem Newsletter des DTB  über Jannis Kahlke

Hamburg - Mit vier Jahren bekam er von seiner Tante einen Tennisschläger geschenkt. Zehn Jahre später gehört Jannis Kahlke zur europäischen Spitze. Seine Saison 2008 war brillant: Bei den größten internationalen Turnieren gewann er mehrere Titel. Für Jannis ist das kein Grund zum Abheben. Der Deutsche Tennis Bund sprach mit dem sympathischen 14jährigen über seine Karriere, Schule und Hackreistopf.

Irgendwie klingt er ziemlich cool am Telefon: "Ich weiß auch nicht warum ich nicht nervös bin, wenn ich auf dem Platz stehe. Warum sollte ich auch? Ich spiele ja nur Tennis und das macht  Spaß!" "Nur Tennis" heißt bei Jannis: Europameister im Doppel zu werden, das große internationale Jugendturnier in Köln vor 1500 Zuschauern zu gewinnen und die Nummer drei in Europa zu sein. "Es motiviert mich, vor so vielen Zuschauern zu spielen", sagt der Teenager selbstbewusst.

Jannis gehört zu den besten seines Jahrgangs, eine große Zukunft wird ihm vorausgesagt. Dabei ist er nur zufällig zum Tennis gekommen. Mit vier Jahren schenkte ihm seine Patentante zu Ostern einen Tennisschläger - schnell wurde das Geschenk zum beliebtesten Spielzeug für den kleinen Buben, der in einem 350 Seelenörtchen in der Nähe von Marburg die Hauswände des Gemeindehauses bespielte. "Das ganze Dorf kannte ihn mit dem Schläger unterm Arm und einer Kiste Tennisbälle in der Hand", erzählt seine Mutter. Seine erste Tennisstunde bekam er von Fabian Krüger, er war damals Zivildienstleistender in einer psychiatrischen Klinik für Jugendliche, dort wo auch Jannis Mutter arbeitet. Ganz nebenbei fragte die Mutter den Zivi, ob er nicht mal ein Stündchen mit Jannis spielen könne. Aus diesem Stündchen Tennis wurde eine 10jährige intensive Zusammenarbeit zwischen Jannis und Fabian Krüger - noch heute sind sie ein festes Trainer-Spieler-Gespann. "Ich glaube, mein Trainer hat damals gesagt, dass ich für einen vierjährigen Knirps schon ganz schön was drauf habe und er mich weiter trainieren wolle", erinnert sich der amtierende Doppel-Europameister. Bestreiten kann man es nicht: Krüger hatte damals den richtigen Blick.

Was Jannis in die Hand nimmt, das funktioniert. Vor vier Jahren schrieb er als 10jähriger Alexander Waske eine E-Mail, erzählte ihm von sich, seinen Erfolgen und Problemen als junger Tennisspieler, der ganz nach oben will. Jannis wollte einfach nur einen kleinen Rat, aber auch daraus wurde mehr. Heute sind Waske und Jannis gute Freunde: "Wir schreiben uns regelmäßig E-Mails und telefonieren. Alex ist total nett und er gibt mir gute Tipps", erklärt Jannis, der mittlerweile auch bei Waskes Manager Dirk Hordorff unter Vertrag ist.

Auch wenn Jannis alles zuzufliegen scheint, sein Tag ist 100% durchgeplant. Vom Aufstehen, über Schule, Mittagessen, Tennis- und Konditionstraining und Hausaufgaben. Seine Tage sind lang, wie im Berufsleben. Der Tag beginnt um sieben Uhr morgens und endet um zehn am Abend - dann geht er ins Bett. Manchmal bleibt noch die Zeit um Alarm für Cobra 11, Dr. House oder Bundesliga zu gucken.  "Ich zieh den Hut vor meinem Sohn. Das er das so durchhält, bewundere ich", sagt seine Mutter.

Jannis ist ein Kämpfertyp, sein Vorbild ist der Spanier David Ferrer. Jannis ist bekannt dafür, dass er  zu verloren geglaubte Matches in letzter Minute rumreißen und gewinnen kann. Für den 14jährigen ist Kämpfen nichts besonderes, sondern eine Selbstverständlichkeit: "Sonst müsste ich doch gar nicht erst auf den Platz gehen." Er klingt  schon wie ein Profi. Und das möchte er auch werden. Momentan geht er in die neunte Klasse aufs Gymnasium. Klar, Jannis hat viele Fehlstunden, aber so lange die Noten stimmen, darf er weiter durch die Welt reisen und internationale Jugendturniere gewinnen. Er freut sich über Siege, bewertet Niederlagen nicht so hoch. Genauso wie seine Familie: "Meine Eltern und meine Schwester haben sich natürlich gefreut, dass ich Europameister geworden bin, aber wenn ich irgendein anderes Turnier gewinne, freuen sie sich genauso und wenn ich verliere ist das auch nicht schlimm", erzählt Jannis. Wieso auch? Ist ja "nur Tennis". Die Oma backt mit Liebe Käsekuchen. Den kriegt der 1,80 Meter große Teenager, wenn er vom Turnier nach Hause kommt - egal, ob er verloren oder gewonnen hat.

Im Haus der Kahlkes dreht sich fast alles um den Sport. Aber nicht nur Jannis ist diszipliniert - sondern die ganze Familie. Jannis Vater ist Karosseriebauer und Lackierer, Jannis Mutter arbeitet in einer psychiatrischen Klinik für Jugendliche, schmeißt den Haushalt und bringt ihre Kinder zum Training - Jannis zum Tennis und Schwester Sina zum Tanzen. Auch sie ist Leistungssportlerin, 18 Jahre alt und besucht ebenfalls das Gymnasium. Aber trotzdem versucht Jannis Mutter das normale Familienleben zu pflegen: "Dreimal in der Woche wird auf jeden Fall zusammen gegessen. Das ist Pflicht". Und am meisten freut sich Jannis, wenn seine Schwester den beliebten Hackreistopf macht. Lecker. Den macht Sina, wenn sie Jannis eine Freude machen möchte oder auf dringlichen Wunsch des Neunklässlers. Aber heute hat sie Eierpfannekuchen gemacht. Klingt auch gut.
 

Erstellt durch Skadi Brunn, 31.10.2008
 

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