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19.07.2022

Knappe Kiste für Carlos Alcaraz: "Ich muss mich steigern"

Die Erleichterung war Carlos Alcaraz nach dem Matchball deutlich anzusehen. So schwer hatte sich der spanische Shootingstar sein Auftaktmatch bei den Hamburg European Open sicher nicht vorgestellt. 2:26 Stunden musste der topgesetzte Weltranglisten-Sechste in der Hitze des Center Courts kämpfen, eher er den deutschen Wildcard-Spieler Nicola Kuhn (22/Ludwigshafen) niedergerungen hatte. 3:6, 6:1, 7:6 (7:3) lautete schließlich das Endergebnis mit dem Topfavorit Alcaraz in die zweite Runde gegen Filip Krajinovic (Serbien) einzieht. Das wird am Donnerstag ein harter Test für die Nummer eins des Turniers, Krajinovic hat am Rothenbaum schließlich vor einem Jahr das Endspiel erreicht, in dem er Pablo Carreno Busta unterlag.
 
 
Foto: elvis
 
Der Titelverteidiger aus Spanien gewann sein Auftaktmatch gegen den Italiener Luca Nardi leicht und locker (6:2, 6:1). Der an drei gesetzte Argentinier Diego Schwartzman ist dagegen bereits in seiner ersten Partie gescheitert. Der 14. der Weltrangliste unterlag Emil Ruusuvuori aus Finnland 5:7, 4:6. Auch das Aus von Holger Rune (6:7 (8:10), 5:7 gegen Talon Griekspoor aus den Niederlanden) war nicht unbedingt zu erwarten. Der 19 Jahre junge Däne hatte immerhin im April das Sandplatzturnier in München gewonnen. Jetzt gab es für Rune, der schon 2019 beim Junioren-Event von Tennis Europe in Hamburg dabei war, aber die sechste Niederlage in Folge.

Alcaraz und Kuhn umarmten sich nach dem intensiven Match am Netz lange. Beide haben manchmal in der Jugend miteinander in der Akademie von Alcaraz-Coach Juan Carlos Ferrero in Spanien trainiert. „Er hat sich bei mir entschuldigt, dass er das Spiel nicht besser beenden konnte“, erzählte Alcaraz. Kuhn war in der Schlussphase sichtbar durch eine Oberschenkelverletzung behindert, trotzdem tat sich der Top-Favorit sehr schwer. „Es war ein schweres Spiel, auch wegen der Hitze. Aber ich habe auch nicht besonders gut gespielt“, gab er zu: „Ich muss mich steigern.“

Nach Nicola Kuhn, der ganz sicher eines seiner besten Matches seit langer Zeit spielte, war somit mit Daniel Altmaier nur noch ein Deutscher im Wettbewerb vertreten – bis zum späten Dienstagabend. Dann trat Altmaier leistungsmäßig zwar in die Fußstapfen von Kuhn, konnte aber ebenfalls keinen Erfolg verbuchen. Gegen den Argentinier Francisco Cerundolo, der am Sonntag in Bastad seinen ersten ATP-Titel gewann, legte Altmaier einen bärenstarken Start hin, unterlag am Ende eines intensiven und packenden Matches an einem warmen Hamburger Sommerabend aber dennoch mit 6:2, 4:6 und 2:6. Damit schaffte kein Deutscher den Einzug ins Achtelfinale des 500er-ATP-Turniers.

Die Turnierbotschafterin löst ihr Viertelfinal-Ticket

Die Freude war größer als die Hitze – ein „Petko-Dance“ war deshalb auf jeden Fall noch drin nach dem Einzug in die Runde der letzten Acht. Turnierbotschafterin Andrea Petkovic liefert bei den Hamburg European Open weiter verlässlich ab. Mit einem 6:4, 6:3-Erfolg über die Japanerin Misaki Doi erreichte die Darmstädterin als erste Spielerin das Viertelfinale am Rothenbaum und ist damit auch die letzte verbliebene deutsche Spielerin im Feld. Denn Jule Niemeier und Sabine Lisicki verloren ihre Auftaktbegegnungen.

Wimbledon-Viertelfinalistin Niemeier unterlag etwas überraschend 4:6, 6:0, 4:6 der Schweizer Qualifikantin Joanne Zuger. Lisicki, die sich durch die Qualifikation ins Hauptfeld gekämpft hatte, musste sich der Serbin Aleksandra Krunic 4:6, 2:6 geschlagen geben und bedankte sich anschließend mit feuchten Augen für die Unterstützung des Hamburger Publikums.

„Last Woman Standing“ aus deutscher Sicht ist also wie vor einem Jahr, als sie das Endspiel erreichte, Andrea Petkovic. In dem schattenlosen Glutofen M1 schaffte es die 34-Jährige, ihren Spielplan konsequent durchzuziehen. „Ich wollte lange Bälle an die Grundlinie spielen, das ist mir gut gelungen“, freute sie sich und räumte auch ein: „Insgesamt war das Spiel eine enge Geschichte.“

Glücklicherweise machte der rechte Arm am Dienstag etwas weniger Probleme als zuletzt. Sie trug zwar wegen ihres „Golferellenbogens“ wieder eine Manschette, die Schmerzen waren aber geringer – „mit Schmerzmitteln geht alles“, scherzte sie. Am Mittwoch kann sie nun nach zwei Matches in Folge eine wohlverdiente Ruhepause einlegen und abwarten, wer da in der Runde der letzten Acht auf sie zukommt. Das könnte die topgesetzte Weltranglisten-Zweite Anett Kontaveit (Estland) sein. „Es wäre natürlich noch einmal eine große Ehre, gegen die Nummer zwei der Welt auf dem Center Court zu spielen“, sagte sie. Verdient hätte sie es.

„Enttäuscht“ über die Niederlage aber insgesamt zufrieden mit ihrem Turnier war auch Comebackerin Sabine Lisicki, die immerhin zwei Matches in der Qualifikation gewinnen konnte. „Meine Spielzüge waren gut, leider waren einige Bälle nur knapp im Aus“, sagte die 32-Jährige. Ihre Gegnerin war einfach solider, machte weniger Fehler. Bei Lisicki machte sich schon bemerkbar, dass sie nach über anderthalbjährigen Zwangspause wieder in den Rhythmus finden muss – und das auch noch auf dem von ihr eher ungeliebten Sandplatz. „Es war erst mein drittes WTA-Turnier, da kann man eigentlich nichts sagen.“ Wie es jetzt weitergeht, weiß die in Florida lebende Berlinerin noch nicht, mit ihrer geschützten Weltranglisten-Position von 270 ist es schwer, in Turniere zu kommen. Sicher aber ist, dass sie gerne wiederkommen möchte: „Es war mit dem Publikum hier unglaublich.“

Jule Niemeier gönnt sich nach den Anstrengungen der vergangenen Wochen eine dringend notwendige Woche Pause bei ihren Eltern. „Mein Team hatte mir abgeraten, hier zu anzutreten“, sagte die 22 Jahre alte Dortmunderin, „aber ich wollte hier unbedingt spielen, fühle mich sehr wohl – heute gab es die Quittung dafür.“ Unmittelbar nach ihrem Viertelfinale in Wimbledon war sie nach Lausanne gereist, um dort ein Turnier zu spielen, bei dem sie ebenfalls das Viertelfinale erreichte. Erholung und Konzentration für Hamburg war nicht möglich, weil sie die Weltranglisten-Punkte aus der Schweiz braucht, um das Hauptfeld bei den US Open zu erreichen. „Leider war dafür heute Deadline, ich war deshalb gezwungen dort zu spielen.“ Am Rothenbaum ging dann trotz einer starken Aufholjagd im zweiten Satz in der entscheidenden Phase nicht mehr viel – aber auch Jule Niemeier hat fest vor 2023 wieder zu kommen und dann erfolgreicher zu sein. Zumal sie ja ohnehin immer noch ganz am Anfang ihrer Karriere steht.

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